Die Grundlage aller nachfolgenden Berechnungen war hier die Länge des wichtigsten Bauelements, nämlich des Kiels siehe A-B auf nebenstehender Abbildung. Die
Höhe des Vorstevens E-F ergab sich aus der Berechnung 1/2*Kiellänge. Der Überhang oder Fall des Vorstevens B-E wiederum wurde mit 1/3*Kiellänge definiert. In
Zahlen haben wir somit eine Vorstevenhöhe von 52,5 Palmi und einen Überhang nach vorne von 35 Palmi. Hatte man die Höhe des Stevens, konnte der Überhang
auch über die Formel 2/3*Höhe ermittelt werden.
Nun empfahl der Autor, die Höhe des Vorstevens E-F in sechs gleiche Abschnitte aufzuteilen. 52,5/6=8,75 Palmi. Dieses Maß wurde von der Oberkante des Stevens
F nach unten abgesetzt. Hier ergab sich bei G der Schnittpunkt für den Radius R3.
Die verbleibenden fünf Sechstel G-E wurden sodann in neun Abschnitte aufgeteilt. Hier ergab sich eine Abschnittshöhe von 43,8/9=4,86 Palmi. Vier der neun
Abschnitte ergaben dann den Wert für Radius R0, nämlich R0=4,86*4=19,44 Palmi bei E. Die Radien R1, R2 und R3 bekamen den Wert von R0.
R1=R0 wurde auf dem Schnittpunkt Winkelhalbierende von R0 in J festgelegt. Hier wurde ein Vollkreis gezeichnet.
R2=R0 hatte seinen Mittelpunkt im Schnittpunkt des vorderen Endes des Kiels bei B. In S1 und S2 finden wir die von Lavanha gezeichnete, untere Gerade.
R3=R0 wurde vom zuvor festgelegten Schnittpunkt G gezeichnet. Dieser Kreisbogen schnitt R1 in zwei Punkten. Hier ergaben sich die Schnittpunkte der oberen
Geraden in S3 und S4.
Die sich aus den Kreisabschnitten ergebenden Schnittpunkte S1-S2 und S3-S4 bildeten die Grundlage der beiden geraden Linien, deren Schnittpunkt wiederum den
Mittelpunkt des Vorstevenradius ergeben sollte. Der war im Bereich von N und M zu suchen.
Die mühsam erstellte Konstruktion der Radien R0 bis R3 verwirrten im ersten Moment, denn durch diese Konstruktion konnte der erhoffte Vorstevenradius nicht
genau ermittelt werden. Der untere Bogen des Vorstevens wird über drei Punkte B-J-G definiert. Über die Punkte G-F wird der obere Kreisbogen entwickelt. Ihre
Mittelpunkte kommen aber nicht direkt bei N und M zum Tragen.
Dieses anfangs schwierig zu durchschauende System ist bei näherer Betrachtung recht einfach, aber wirksam gehalten. Es ergaben sich durch diese Konstruktion
weitere wichtige Schnittpunkte. Wir kommen später noch einmal darauf zurück, nämlich wenn es um die Konstruktion der Senten geht.
Die Vorstevenkonstruktion nach Lavanha
Während des Nachvollziehens dessen, was uns
Lavanha über den portugiesischen Schiffbau
überlieferte, wurde langsam erkennbar, dass die für
den Vorsteven und dem Hauptspant mühsam
aufgebaute Konstruktion mit verschiedenen Radien
vermutlich gar nicht der Konstruktion derselben
diente. Es war ja in beiden Fällen nicht eindeutig
möglich, die Konstruktion nachzuvollziehen. Erst als
es um die Definition der Senten ging, passte vieles
zusammen, was vorher nicht wollte.
Nehmen wir die Radien in der Seitenansicht, die auf
den ersten Blick der Findung der Vorstevenkontur
dienten. Sie lieferten die Endpunkte Sente/Vorsteven.
Die Anfangspunkte der Senten am Achtersteven
wurden auch durch die Konstruktion des unteren
Spiegels selbst festgelegt. Nur die Schnittpunkte am
Hauptspant waren lange Zeit nicht sichtbar.
Betrachten wir aber die Hauptspantkonstruktion
Lavanha’s etwas genauer, stellen wir fest, dass auch
hier die aufwendige Kreisbogenkonstruktion nur am
Rande mit der Findung der beiden Außenkonturen zu
tun hatte. Sie dienten wohl nur der Festlegung der
Schnittpunkte der beiden Senten.
Lavanha hatte in seinem Manuskript ein
proportionales System aufgebaut oder die ihm
bekannten Maßverhältnisse niedergeschrieben
haben. Ob dieses System seiner eigenen Feder
entsprungen ist, oder sein Wissen um die
Konstruktion eines Schiffes von anderen Schiffbauern
entwickelt wurde, ist sicher schwer festzustellen. Er
hatte aber den Ablauf eines Entwurfs recht genau
beschrieben.